Jeder will Aufmerksamkeit – da sind Mensch und Hund gar nicht so unterschiedlich. Vielleicht kennst du das sogar von dir selbst. Während manche Menschen nur von ihren Liebsten Aufmerksamkeit und Beachtung möchten, stehen andere lieber zu jeder Zeit im Mittelpunkt.
Genau so ist es auch bei Hunden, die viel Aufmerksamkeit möchten. Du bist für deinen Hund der wichtigste Sozialpartner und daher fordert er auch aktiv Aufmerksamkeit von dir ein. Trotzdem sollte das auch seine Grenzen haben:
Wenn dein Hund ständig Aufmerksamkeit möchte, solltest du mit Training und Erziehung gegen das Verhalten vorgehen. Wie das am besten gelingt, haben wir in diesem Beitrag für dich zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste auf einen Blick
- Jeder Hund braucht Aufmerksamkeit – es handelt sich dabei um ein Grundbedürfnis.
- Ein Hund darf auch Aufmerksamkeit einfordern, doch er sollte dich nicht dauernd manipulativ und strategisch dafür “benutzen”.
- Zu einem Problem wird das Verhalten erst, wenn der Hund nicht akzeptiert, dass du ihm gerade keine Aufmerksamkeit geben kannst oder willst.
- Es ist wichtig, dass du deinem Hund Frustrationstoleranz und Selbstregulation beibringst und er lernt, sich auch mal zu langweilen.
- Das Kompetenztraining sollte möglichst früh beginnen, bestenfalls im Welpenalter.
Warum dein Hund Aufmerksamkeit will
Aufmerksamkeit ist etwas, das nahezu jedes Lebewesen braucht – Mensch und Hund sind hier gar nicht so unterschiedlich. Niemand möchte ignoriert oder nicht wahrgenommen werden. Dabei lohnt sich auch ein Blick auf die Ursprünge des Hundes: Ein Wolf allein hat auf Dauer keine große Überlebenschance – im Rudel dagegen sind sie stark.
Das Aufmerksamkeitsbedürfnis ist dabei ganz individuell: Manche Hunde möchten nur Aufmerksamkeit von ihren direkten Bezugspersonen, andere stehen am liebsten immer im Mittelpunkt. Für Hunde sind wir der wichtigste Sozialpartner und unsere Zuwendung löst in ihnen positive Emotionen aus. In einem angemessenen Maß ist der Wunsch nach Aufmerksamkeit also wichtig und richtig.
Anders sieht es dagegen aus, wenn die Aufmerksamkeit durch den Hund penetrant und ständig eingefordert wird. Dieses Verhalten ist für keinen der Beteiligten angenehm: Du bist gestresst, weil dein Hund ständig Aufmerksamkeit will und dein Hund ist gestresst, weil er nicht zur Ruhe kommen kann. Deshalb ist es sehr wichtig, sich von Anfang an abzugrenzen und dem Hund Kompetenzen wie Frustrationstoleranz und Selbstregulation zu vermitteln.
Aufmerksamkeit als erlerntes Fehlverhalten des Hundes
Aufmerksamkeit ist selbstbelohnend. Ein Hund merkt, wenn er seinen Menschen manipulieren und in seinem Verhalten beeinflussen kann. Das Wissen wird im Laufe der Zeit zum Selbstläufer: Hat der Hund Erfolg mit seinem aufmerksamkeitsfordernden Verhalten, verstärkt sich das Fordern zunehmend.
Der Mensch belohnt den Hund dabei meist unbewusst, sodass hier eine Abwärtsspirale entsteht, die immer schlimmer wird. Ein reines Ignorieren, das häufig empfohlen wird, kann dabei schnell nach hinten losgehen:
[GRAFIK] Kreislauf Betteln um Aufmerksamkeit – unbewusste BelohnungEs entsteht Frustration beim Hund, sobald die Reaktion des Menschen anders ausfällt, als gewohnt – er wird dreister und immer fordernder. Das kann sich zum Beispiel in einem lauten, vehementen und übergriffigen Verhalten zeigen, um Aufmerksamkeit zu erhaschen.
Manche Hunde fangen daraufhin an, etwas zu zerstören oder werden so laut, dass sich die Nachbarn beschweren. Ab einem gewissen Punkt ist es für Menschen dann nicht mehr möglich, das Verhalten einfach zu ignorieren und der Hund „gewinnt“.
Es ist daher sehr wichtig, schon viel früher anzusetzen und ein gesundes Mittelmaß aus Nähe und Distanz herzustellen. Der Hund sollte nicht ständig Zugriff auf Zuwendung, Nähe und Aufmerksamkeit haben, aber er braucht diese natürlich dennoch täglich. Es ist auch kein Problem, wenn Aufmerksamkeit in einer gesunden Mensch-Hund-Beziehung mal eingefordert wird, solange es sich im gesunden Rahmen bewegt.
Der Hund im Mittelpunkt
Es ist ein riesiges Problem, wenn der Hund immer im Mittelpunkt steht. Er lernt auf diese Weise nie, dass er auch mal Frust aushalten muss und sich die Welt nicht nur um ihn dreht. Ein solcher Hund möchte immer mittendrin sein und kann sich nur schwer zurücknehmen. Gleichzeitig bedeutet das für den Hund aber auch großen Stress, die langfristig zu einer Verringerung der Lebensqualität führt. Wer nicht mit Frust oder Stress umgehen kann, fühlt sich ständig schlecht.
Auch ein Hund hat derart negative Emotionen. Vermeiden lassen sie sich nicht, da im Alltag nicht alles auf ein einziges Lebewesen abgestimmt werden kann und es früher oder später zu einer Situation kommt, in der der Hund mal nicht im Mittelpunkt steht. Hat er nicht gelernt, mit dieser Situation umzugehen, fühlt er sich schlecht und ist unzufrieden, was sich auf vielfältige Weise äußern kann.
Deswegen ist es umso wichtiger und vor allem auch dem Hund gegenüber fairer, wenn ihm von Anfang an beigebracht wird, dass man sich auch mal zurücknehmen muss, ohne dass davon die Welt untergeht. Manchmal haben andere Dinge Vorrang – und das ist auch gar nicht dramatisch. Nur so kann langfristig eine gesunde und harmonische Beziehung zwischen Mensch und Hund entstehen.
Wer lenkt das Geschehen?
Grundsätzlich lenkt der Mensch den Alltag zwischen Mensch und Hund. Wenn du optimal vorgehen möchtest, nimmst du als Mensch die Bedürfnisse deines Hundes wahr und beziehst sie in deine Entscheidungen mit ein.
Führen bedeutet nicht, dass du nur deine eigenen Bedürfnisse beachtest! Stattdessen übernimmst du die Verantwortung für die Zufriedenheit des anderen und sorgst dich aktiv darum. Es bedeutet jedoch auch nicht, dass deine eigenen Bedürfnisse keine Rolle spielen. Auch dein Wohlergehen ist in eurer Beziehung wichtig und muss ebenso berücksichtigt werden, wie das des Hundes.
Entschieden wird dann im Sinne der Gruppe – ausgehend davon, was auf lange Sicht für alle die höchste Lebensqualität verspricht. Wenn der Hund heute also seinen Frust aushalten muss, macht ihn das in seinem Leben insgesamt zufriedener.
Es ist deine Aufgabe, derart vorausschauend zu entscheiden, damit dein Hund nicht ständig Aufmerksamkeit fordert. Etwas, das er jetzt nicht versteht und das sich im ersten Moment schlecht anfühlt, wird auf lange Sicht ein Geschenk für euer Zusammenleben sein. Weitere Informationen dazu findest du in unserem Kurs „Frustrationstoleranz” mit Maren Grote.
Einfluss der Erziehung im Allgemeinen
Wenn dein Hund ständig Aufmerksamkeit fordert, fehlen ihm noch wichtige Kompetenzen wie Selbstregulation und Frustrationstoleranz.
Es ist von größter Wichtigkeit, dass du deinem Hund beibringst, auch mal zurückzustecken. Bestenfalls findest du dabei eine ausgewogene Herangehensweise, die die Balance zwischen Aufmerksamkeit und Distanz wahrt.
Die Lösung, wenn dein Hund zu viel Aufmerksamkeit will
Mache deinem Hund von Anfang an klar, dass es Zeiten gibt, wo Aufmerksamkeit mal nicht drin ist. Sei dabei konsequent in deinen Entscheidungen – vor allem dann, wenn dein Hund Aufmerksamkeit einfordert, obwohl es dir gerade nicht passt.
Gleichzeitig solltest du deine Entscheidung, ob dein Hund Aufmerksamkeit bekommt oder nicht, nicht nur von deinen eigenen Bedürfnissen abhängig machen, sondern auch von den Bedürfnissen des Hundes. Es gibt Situationen, in denen deine Aufmerksamkeit ihm besonders wichtig ist und dann sollte er sie auch bekommen.
Eine Beziehung, in der ausschließlich du entscheidest, wer gerade Aufmerksamkeit bekommt, wäre nicht fair deinem Hund gegenüber. Es kommt daher immer auch ein bisschen darauf an, wie groß das Problem mit der Aufmerksamkeit ist: Wenn ihr bereits ein Problem damit habt, ist es sinnvoll, mehr Grenzen zu setzen und diese, je nach Hund, im späteren Verlauf des Trainings schrittweise wieder zu lockern.
Das einfache Ignorieren deines Hundes ist dafür allerdings nur bedingt zu empfehlen. Wenn du deinen Hund ignorierst, drückst du aus: Ich nehme dich nicht wahr. Das führt oft dazu, dass Hunde noch drastischer werden, um Aufmerksamkeit einzufordern – bis hin zu beschädigten Möbeln, lautem Gebell oder anderen Aktionen, die zwingend deine Aufmerksamkeit auf ihn richten.
Stattdessen solltest du immer genau schauen, welchen Hund du hast und welche Strategie hier erfolgreich sein könnte. Du kannst das fordernde Verhalten deines Hundes auch direkt im Ansatz unterbrechen und ihn wegschicken. Wenn er das noch nicht annehmen kann, hilft auch das Anleinen, solange bis der Hund sich beruhigt hat. Sinnvoll ist hier auch das Deckentraining, das mit Frustrationstoleranz und Selbstregulation einhergeht.
Das Erlernen von solchen Kompetenzen bildet stets die Grundlage, um einen Hund regulieren zu können, der zu viel Aufmerksamkeit fordert.
Wie viel Aufmerksamkeit braucht ein Hund am Tag?
Hunde genießen direkte und intensive Zuwendung. Das kann bei dem einen eine Massageeinheit sein, bei einem anderen ein Sozialspiel oder eine Konditionierungseinheit, ein Suchspiel oder einfach simples Kontaktliegen. Jeder Hund hat ganz individuelle Bedürfnisse nach Aufmerksamkeit, die im groben Rahmen auch berücksichtigt werden sollten.
Daher lässt sich keine pauschale Antwort auf die Frage finden, wie viel Aufmerksamkeit ein Hund am Tag braucht. Unsere Hunderassen und die individuellen Charaktere der Tiere sind einfach zu unterschiedlich. Aber all unsere Hunde brauchen täglich unsere Zuwendung!
Darunter fällt jedoch nicht nur die direkte Beschäftigung mit dem Hund. Auch die gemeinsamen Spaziergänge von täglich etwa zwei Stunden beinhalten Aufmerksamkeit und gemeinsame Zeit, die den Hund glücklich machen. Es gibt also viele verschiedene Formen, wie der Hund Zuwendung und Aufmerksamkeit erhält. Dabei unterscheidet man in direkter und indirekter Aufmerksamkeit.
Gleichzeitig ist es wichtig, dass ein Hund auch lernt, mit Langeweile umzugehen. Tägliche Beschäftigung ist wichtig – aber ebenso wichtig ist es, dass manchmal auch einfach nichts passiert. Hier solltest du aktiv mit Kompetenztraining die notwendigen Fähigkeiten vermitteln, um solche Situationen auszuhalten.
Häufige Fragen zum Thema
Was passiert, wenn der Hund zu viel Aufmerksamkeit bekommt?
Viele Hunde, die zu viel Aufmerksamkeit bekommen, lernen, dass diese selbstverständlich ist – und reagieren mit Stress und Frust, wenn sie mal keine bekommen. Zudem kann es auch sein, dass unsere Hunde die Nähe als Übersättigung empfinden und sich zunehmend abwenden. Auch ein „zu viel“ an Nähe kann erdrückend und belastend sein.
Was tun, wenn der Hund zu viel um Aufmerksamkeit bettelt?
Wenn der Hund zu viel Aufmerksamkeit einfordert, ist es wichtig, sowohl sich selbst abzugrenzen, als auch Kompetenzen wie Frustrationstoleranz und Selbstregulation zu vermitteln. Er muss lernen, dass es nicht immer Aufmerksamkeit gibt, wenn er sie gerade möchte.
Was tun, wenn der Hund für Aufmerksamkeit bellt?
Ignorieren hilft dabei meist nicht. Das fordernde Verhalten des Hundes sollte schon im Ansatz korrigiert werden, indem du ihn wegschickst. Warte nicht so lang, bis sich dein Hund reingesteigert hat und wie ein Wahnsinniger bellt.
Aufmerksamkeitsforderndes Verhalten sollte genau zum Gegenteil führen – der Hund wird auf Abstand gehalten und weggeschickt (zum Beispiel auf seine Decke). Zudem solltest du die grundlegende Beziehungsstruktur hinterfragen, wenn ein erwachsener Hund durch lautes Bellen Aufmerksamkeit einfordert.